SEO (organische) oder SEA (bezahlte) Suche?
Welcher Suchkanal wohl der bessere sein mag, ist eine häufig gestellte Frage seitens Kunden im Online-Marketing. Leider gibt es darauf keine einfache Antwort, selbst wenn manche Marketingexperten dies gern glauben mögen. Schon vor längerer Zeit fand ich einen der irreführendsten Thread des digitalen Marketings, der mir seit längerem bei Twitter über den Weg gelaufen ist. Ein SEO erklärte darin unmissverständlich, dass organischer Suchtraffic dem bezahlten in jeder Hinsicht weit überlegen sei:
1/ So let’s kill this debate once and for all. Organic traffic beats paid traffic for every single metric.
— Barry Adams (@badams) 19. Mai 2017
Dieser Tweet erschien mir ziemlich provokant und unreflektiert. Doch zu meiner Überraschung klinkten sich viele weitere SEOs im Thread ein und stimmten der These ohne Ausnahme zu. Mal ganz ehrlich: Mir sind keine Daten bekannt, welches dieses Statement auch nur im Ansatz ernsthaft untermauern könnte. Schon gar nicht, wenn generell behauptet wird, dass die Performance der organischen Suche die bezahlte in jeder Hinsicht übertreffen soll. Der Versuch SEO gegen SEA auszuspielen ist viel zu eindimensional gedacht.
Das Ziel bei SEO und SEA ist identisch
Beide Disziplinen zielen darauf ab, Traffic für eure Website zu generieren. Aus Sicht des Nutzers macht es vom Grundsatz her keinen Unterschied, ob auf ein bezahltes (SEA) oder organisches (SEO) Suchergebnis geklickt wird:
- Der Nutzer sucht nach einem Inhalt, der seine Suchintention befriedigt
- Ihm werden Suchergebnisse vorgeschlagen
- Der Nutzer entscheidet sich für ein Ergebnis.
Beide Verfahrensweisen sind Keyword-basiert sind und führen von der Keyword-Optimierung her zum Erfolg. Es gibt Synergieeffekte der beiden Disziplinen, aber an entscheidenden Punkten gibt es auch Abweichungen. Wobei die SEA / Google Ads Fehler von Experten einfacher zu beheben sind.
Suchintentionen
Ads, Ads, Ads?
Es gibt sehr wohl User, die Werbeanzeigen (Ads) anklicken. Und es gibt welche, die organische Links klicken. Marketers sollten versuchen beide (in der jeweils besten Situation) anzusprechen und nicht eines dem anderen vorzuziehen. Aber lasst uns tiefer in die Thematik einsteigen und überlegen, welche Wege es gibt, die Performance von bezahlter und organischer Suche zu vergleichen – und zwar ganz ohne Voreingenommenheit.
Die bezahlte Suche hat die organische Suche hinsichtlich ROxS überholt
Innerhalb der Branche ist es ein offenes Geheimnis, dass Google spätestens seit Anfang 2016 mit Neuerungen aufwartet, die sich negativ auf den organischen Traffic auswirken. Dazu gehören unter anderem die Aufnahme einer vierten Werbeanzeige oberhalb der organischen Links im Browserfenster der Desktops, das Hinzufügen einer dritten (und später einer vierten) Werbeanzeige oberhalb der organischen Links, die Verdopplung von Produktanzeigen auf Smartphones sowie die Tatsache, dass das Local Pack / Google myBusiness (GMB) seit einiger Zeit ganz am Anfang der Suchergebnisse aufgeführt wird. Der Return on Advertising Spend (ROAS) versus Return on SEO-Efforts Spend (ROSS).
All diese Entwicklungen führten letztlich zu dem Ergebnis, dass die organische Suche seit einigen Quartalen im Jahresvergleich beim Wachstum rapide Verluste verzeichnen musste, wie es das Diagramm des Merkle Digital Marketing Report aufzeigt (Registrierung nötig) zeigt:
Überzeugen Sie sich selbst – werfen Sie einen Blick auf Googles Q1 2017 Finanzergebnis, welches einen 53%-igen Zuwachs von bezahlten Klicks in den Google Ergebnissen aufweist. Und denken Sie bitte nicht, dass sich dieses Ergebnis nicht auf Kosten der organischen Suche auswirkt. Allerdings sollte man schon wissen, dass nur etwa 6,8 Prozent der Gesamt-Klicks auf bezahlte Anzeigen gehen und rund 93,2 Prozent auf die organischen Ergebnisse.
SEO vs. SEA – ob es einem passt oder nicht
Ich schreibe diese Dinge nicht, weil ich sie mag oder Oplayo mit SEA mehr Geld verdienen würde (nein, bei SEO ist unsere Marge etwas besser als bei AdWords). Unsere Agentur betreibt sowohl SEO als auch SEA mit Leidenschaft und macht hier wirklich keinen Unterschied, wenn es um die individuellen Ziele des Kunden geht. Ich betone die Bedeutung der organischen Ergebnisse auch heute noch in unseren Online Marketing Workshops, aber das hindert mich nicht Marketingentscheidern im Einzelfall das zu empfehlen, was ihnen kurz-, mittel– und langfristig die jeweils besten Ergebnisse verspricht und i.d.R. nicht all ihre Ressourcen einseitig auf die organische Suche zu setzen.
Da Google ununterbrochen Veränderungen vornimmt, welche sich auf die organische Suche auswirken und oft nicht gerade im positiven Sinn, muss man meines Erachtens viel differenzierter an all diese Veränderungen herangehen. Die bezahlte Suche jedenfalls wächst und wächst:
Hinweis: Dies sind USA-Werte. In UK sieht es anders aus. Für D/A/CH habe ich keine relevanten Vergleichszahlen gefunden.
Aus dem Stegreif kann ich daraus direkt zum Vorteil der bezahlten Suche wenig sagen. Selbst wenn dies von Marke zu Marke variieren mag, entwickelt es sich für die meisten Marketingexperten jedoch genau auf diese Weise.
Doch was ist mit all den anderen Zahlen, die der organischen Suche vermeintliche Höhenflüge nachweisen, während sie der bezahlten Suche eine schlechte Bilanz ausstellen? Jeder, der sich darauf versteht, derartige Vergleiche korrekt durchzuführen, wäre hier sehr vorsichtig und würde bei der Analyse dieser Kennzahlen genau auf die Zwischentöne achten. Solche Details ein für allemal zu klären, sollte deshalb wohl eher nicht via Twitter erfolgen.
Hier kommen zunächst nur mal zwei Tipps für jeden, der einen aussagekräftigen Vergleich zwischen bezahlter Suche (SEA) und SEO anstellen möchte.
1. Abfragetypen und –geräte sollten segmentiert werden
Wenn ein Großteil Ihres SEO-Traffics von Suchen nach dem Markennamen rührt und nur ein kleiner Anteil der bezahlten Suche von anderen Suchanfragen, variiert die Performance erheblich. Das ist schockierend, ich weiß. Aus diesem Grund sollten auch Traffic und Conversion Performance nach Marke vs. Nicht-Marke segmentiert werden. Außerdem sollten innerhalb dieser Stichpunkte weitere Levels mit Unterkategorien angelegt werden.
Dieser Segmentierungs-Prozess wird erschwert durch das Aufkommen verwirrender organischer Suchanfragen in Analysepaketen (Stichwort: not provided oder (not set)), trotzdem ist er immer noch möglich, beispielsweise mit Hilfe der Google Search Console.
Auf ähnliche Art und Weise sorgen organische und bezahlte Suche für unterschiedliche Arten von Traffic von verschiedenen Geräten aus und das für jede Marke. Gerätetypen performen unterschiedlich, was sich auch in den Kennzahlen widerspiegelt, von CTR über Conversion Rate bis hin zur Bounce Rate. Dies würde implizieren, dass sämtliche übergreifenden Performance-Auswertungen schlicht „über den Haufen“ geworfen werden könnten und dass die Kennzahlen durch die verschiedenen Gerätetypen verdreht werden.
Eine Analyse, deren Ergebnis also einen Gewinner hervorbringt, dessen Sieg nicht auf Grundlage segmentierter Daten und Kennzahlen herbeigeführt wurde, hat demnach keinen Wert auf eine derartige Segmentierung gelegt. Ein solch allgemeingültiges Ergebnis zu präsentieren, das auch noch auf jede erdenkliche Marke anwendbar sein soll, ist schlicht absurd.
2. Profitieren Sie sowohl von bezahlter als auch von organischer Suche und messen Sie den Zuwachs
Hier geht es nicht nur darum zu messen, wie bezahlte und organische Suche an einem bestimmten Tag abschneiden. Es ist wichtig, zu verstehen, wie sie zusammenarbeiten. Jeder Marketingexperte möchte für jedes Keyword organisch ranken, auf das er in Erwägung zieht, bei der bezahlten Suche zu bieten – natürlich bevorzugt für die Spitzenposition. Allerdings ist es schlicht unmöglich, dass jede Website für jede einzelne Anfrage, die für sie wertvoll sein kann, auf der ersten Seite im organischen Suchranking auftaucht.
Auf ähnliche Art und Weise hätte jede Marke gern eine Anzeige am oberen Ende der Seite für jede für sie relevante Suchanfrage. Doch die Ökonomie der bezahlten Suche schränkt auch dies erheblich ein. Es ist nicht rentabel, auf die Top-Position eines jeden Suchbegriffs zu bieten, und in vielen Fällen ist es nicht mal ratsam, überhaupt auf die erste Seite zu bieten, wenn der daraus resultierende Gewinn am Ende nicht erheblich ist.
Demnach ergibt sich eine Situation, in der Marken zwar gern beides hätten, organische und bezahlte Auflistung im Ranking (vor allem, da User beides anklicken), es allerdings unmöglich ist, absolute Sichtbarkeit bei beiden herzustellen. Der Schlüssel liegt darin, zu verstehen, wie diese beiden Sichtbarkeitstypen zusammenarbeiten.
Im Falle von Marken-Keywords ist es ganz sicher möglich, dass eine Seite den kompletten bezahlten Suchtraffic abfängt, den sie durch Werbung und durch die Auflistung in der organischen Suche, generiert. Natürlich hängt dies auch noch von anderen Faktoren ab, zum Beispiel, wie viele Mitbewerber auf dieselben Keywords bieten und wie viele organische Links im Ranking auf der ersten Seite bereits durch die Marke selbst belegt werden.
Dennoch stellt sich immer wieder heraus, dass bei einer großen Mehrheit von Kreuzvalidierungsverfahren unter Marken die organischen Links nicht denselben Traffic generieren, den die bezahlte Werbung erhält. Dies lässt auf den zunehmenden Nutzen von Marken-Ads schließen. Wenn es also um diesen zunehmenden Traffic geht, gibt es keinen Grund zu behaupten, dass SEO die bezahlte Suche übertreffen könnte – entweder kommt der Traffic durch Ads oder man bekommt ihn überhaupt nicht. Punkt.
Im Falle einer nicht markenspezifischen Suchanfrage, bei welcher eine Website nicht auf der ersten Seite rankt, nimmt sämtlicher Traffic, der von einer bezahlten Suche kommt, zu. Sollte man demnach versuchen, organisch für diese Suchanfrage zu ranken? Absolut, doch es bedeutet nicht, dass Sie auf die bezahlte Suche komplett verzichten sollten, nur weil Sie gehört haben, dass die organische Suche bei allen Kennzahlen besser abschneidet.
Fazit: Bleiben Sie unparteiisch!
Ich persönlich finde, dass Marketingexperten so viele verschiedene Suchtypen wie möglich verwenden sollten, ganz egal, ob bezahlte Links, das Local Pack, den Knowledge Graph oder eben SEO. Einen Kanal dem anderen vorzuziehen, nur weil manche Stimmen behaupten, dies wäre die einzig richtige Vorgehensweise, ist albern und verzichtet auf die so wichtigen Nuancen einer solchen Debatte.
Für die Diskussion darüber, wie die beiden Kanäle eigentlich zusammenarbeiten, ist es absolut schädlich, einen gegen den anderen auszuspielen. Aufgrund der komplizierten Beziehung zwischen bezahlter und organischer Suche ist eine solche Parteilichkeit nur für diejenigen förderlich, die sich auf eines der beiden festgelegt haben und so versuchen, den Markt an ihre Bedürfnisse anzupassen.
Was dies betrifft, bin ich froh darüber, in einer Agentur zu arbeiten, die sich sowohl mit SEO als auch mit bezahlter Suche auskennt, sodass wir völlig frei darin sind, die Vorteile beider herauszustellen und in gleichem Maß über ihre Herausforderungen zu sprechen. Uns geht es darum, multidimensional zu arbeiten und jeden Kanal mit einzubeziehen, sodass wir aus jeder Suchanfrage das Beste herausholen können – ganz egal, ob es sich dabei um SEO oder bezahlte Suche handelt.
Kurz und knapp: Bleiben Sie aufgeschlossen, denken Sie kritisch, und versuchen Sie zu verstehen, dass ein Vergleich von bezahlter und organischer Suche nur auf Grundlage einer facettenreichen Analyse stattfinden kann. Und mittlerweile KANN es so weit gehen, dass es sich im Einzelfall lohnen kann für SEO-Inhalte im Content Marketing zu werben! Mit der SEO versus SEA Betrachtung wird es dann allerdings noch komplexer!
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Sehr schön dargestellt. Das ist eine sehr pragmatische Sichtweise, denn den allein seligmachenden Kanal gibt es nicht. Wer das behauptet ist ideologisch verblendet.
Super Infos. Danke für deine Erläuterungen und den guten Einstieg. Werde die Tipps angehen und gern ein Feedback auf deinem Blog geben. Viele Grüsse Kai